Das Historische Seminar trauert um Prof. Dr. Klaus-Peter Matschke, der am 5. September 2020 im Alter von 82 Jahren in Leipzig verstorben ist.
Klaus-Peter Matschke war der Universität Leipzig über sein gesamtes wissenschaftliches Wirken hin eng verbunden: Hier wurde er 1967 mit einer Dissertation zur Bürgerkriegsphase in Byzanz in der Mitte des 14. Jahrhunderts promoviert, von 1977 bis 1986 wirkte er als Hochschuldozent und von 1986 bis 2003 als Professor für Mittelalterliche und Byzantinische Geschichte an der Sektion Geschichtswissenschaft bzw. am Historischen Seminar.
Diese Verbindung von Mediävistik und Byzantinistik, von westlichem und östlichem Mittelalter, kennzeichnet treffend sein wissenschaftliches Wirken, in dessen Mittelpunkt das späte Byzanz der Palaiologen stand, aber nicht als isoliertes Phänomen, sondern in den vielfältigen regionalen und transregionalen Bezügen zwischen Osmanen, Südslaven und Lateinern. Mit seiner im Jahre 1981 publizierten Monographie zu den strukturellen Folgen der Schlacht von Ankara 1402 sowie durch zahlreiche Aufsätze trug er maßgeblich zur Wandlung des Bildes dieser Epoche in der jüngeren Forschung bei, die das klassische Verfallsnarrativ überwunden und die Vielfalt der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungschancen und -tendenzen in der Romania des 14./15. Jahrhunderts herausgearbeitet hat. Sein Interesse galt in besonderer Weise der Formierung neuer gesellschaftlicher Gruppen, etwa eines byzantinischen „aristokratischen Unternehmertums“, den Institutionen und Dynamiken der Stadt Konstantinopel sowie den Formen und Merkmalen spätbyzantinischer Öffentlichkeit(en).
Neben diesen klar umrissenen Schwerpunkten seiner Forschungen behandelte Klaus-Peter Matschke in der akademischen Lehre ein breites mediävistisches Themenspektrum von den Kreuzzügen über Weltbilder und Welterkundungen und die Wirtschaftsgeschichte des Mittelmeerraums und besonders der italienischen städtischen Zentren bis hin zum Byzantinischen Jahrtausend in seiner Gesamtheit; er verstand es, Studierende für diese byzantinistischen und mediävistischen Themen zu begeistern. Selbstverständlich gehörten neben transdisziplinären auch transepochale Ansätze zu seinem Verständnis historischen Arbeitens, wenn er etwa die Türkenkriege auch in der Frühen Neuzeit oder die langfristigen Strukturierungsparameter der südosteuropäischen Region in der Vormoderne thematisierte.
Nach seinem Ausscheiden aus dem universitären Dienst blieb Klaus-Peter Matschke dem Historischen Seminar und besonders der Forschungs- und Lehreinheit „Mittelalterliche Geschichte“ weiter verbunden; er besuchte Kolloquien, Tagungen und Vortragsveranstaltungen und unterstützte die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mit Klaus-Peter Matschke verliert das Historische Seminar nicht nur einen international hoch angesehenen, profilierten Wissenschaftler, sondern auch einen Kollegen und Lehrer, der mit seinem bescheidenen Auftreten, seiner freundlichen Zugänglichkeit und seinem inspirierenden Engagement in der Vermittlung historischen Fragens und Wissens die Ausstrahlung des Instituts in Forschung und Lehre nachhaltig mitgeprägt hat. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Prof. Dr. Wolfgang Huschner