In Kooperation mit dem Institut für Theaterwissenschaft und der Universitätsbibliothek Leipzig setzt sich der Verein Tanzarchiv Leipzig e.V. für die Erforschung und Sichtbarmachung der Sammlungsbestände des Tanzarchivs ein. Mit Publikationen, Ausstellungen und künstlerischen Projekten zielt die Arbeit des Vereins insbesondere auf die öffentliche Vermittlung der Bestände und ihrer Bedeutung in unterschiedlichen Kontexten.
Anträge auf Mitgliedschaft im Verein können jederzeit gestellt werden und sind grundsätzlich willkommen!
„Bewegte Geschichte(n). Filme aus dem Tanzarchiv Leipzig“
am: 01.12.2022,18:00 Uhr
Ort: Bibliotheca Albertina, Beethovenstr. 6, 04107 Leipzig
Tanz und Film verbindet das Moment der Bewegung: Der im Tanz bewegte Körper kann im Film weiter lebendig erscheinen, weil dessen Grundlage das bewegte Bild ist. So war Tanz schon seit den Anfängen des Films ein beliebtes Motiv. Dass der Film gerade die flüchtige Tanzbewegung und ihre jeweiligen kulturellen und ästhetischen Kontexte für die Zukunft festzuhalten vermag, erkannte auch der Gründer des Tanzarchivs Leipzig Kurt Petermann (1930-1984). So filmte er, schließlich auch mit kulturpolitischem Auftrag, begeistert tanzende Laien ebenso wie international herausragende Künstler:innen, auf großen Tanzbühnen oder auf Dorfplätzen in der ungarischen Provinz.
Im Mittelpunkt standen zunächst Volkstanz und Ballett, während der Ausdruckstanz offiziell als formalistisch abgelehnt wurde. Dass aber die ästhetischen Mittel des modernen Tanzes gerade für die Inszenierung ideologischer Narrative unverzichtbar blieben, ist auf vielen Filmen, etwa zum ostdeutschen Tanztheater, zu entdecken. Gezeigt werden auch Unterrichts-Dokumentationen aus der Schule Gret Paluccas, welche die Bedeutung ihrer pädagogischen Arbeit für die Tanzkunst der DDR veranschaulichen.
Die Auswahl dieses Filmabends gibt einen ersten Eindruck von dem einzigartigen Bestand des Tanzarchivs. Möglich wurde die Präsentation durch das an der SLUB Dresden in Kooperation mit dem Filmverband Sachsen mit Mitteln des Freistaates Sachsen durchgeführte Landesprogramm „Sicherung des audiovisuellen Erbes in Sachsen“ (SAVE), dass sich seit 1999 bzw. 2019 der ganzen Bandbreite des regionalen audiovisuellen Erbes widmet.
Die Veranstaltung findet im Begleitprogramm der Ausstellung „Einladung zum Tanz. Aus der Plakatsammlung des Tanzarchivs Leipzig“, die vom 8. November 2022 bis 26. Februar 2023 im Ausstellungsraum der Bibliotheca Albertina zu sehen ist, statt.
Zur Ausstellung
Das Tanzarchiv Leipzig war ein ehemaliges Institut der Akademie der Künste der DDR, dessen Bestände 2011 in die Obhut der Universitätsbibliothek Leipzig übergeben wurden. Zu den umfangreichen Sammlungen des Tanzarchivs gehört auch eine Plakatsammlung zu den Themen Tanz und Musik, die von den 1920er Jahren bis in die Gegenwart reicht. Nach der Übernahme des Tanzarchivs wurde die Sammlung an der Universitätsbibliothek katalogisiert. Die Ausstellung zeigt Beispiele aus der Plakatsammlung von den Anfängen bis in die 1970er Jahre.
Projekte
"Tanz digital"
Koordiniert vom Dachverband Tanz Deutschland und dem Verbund deutscher Tanzarchive (VDT) soll das Projekt Tanz digital die in der Corona-Krise extrem eingeschränkte Wahrnehmbarkeit von Tanz verbessern. Gefördert werden dabei vor allem die Auseinandersetzung mit medialen und digitalen Präsentationsformen, die Entwicklung innovativer choreografischer/künstlerischer Ansätze und die Erprobung neuer Produktionsformate z.B. mit Bodycams, 3D- und 360°-Aufnahmetechniken, VR- und AR-Anwendungen, Streaming- und Video-on-Demand-Produktionen sowie Formate für soziale Netzwerke und Gaming.
Die im Rahmen dieses Projekts entstehenden digitalen Präsentationen von Tanz sollen auf einer neuen Plattform zugänglich gemacht und mit Kontexten verknüpft werden. Die jeweiligen Produktionszusammenhänge ebenso wie die Entwicklung des modernen und zeitgenössischen Tanzes können die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Tanz- und Mediengeschichte deutlich machen. Dafür sollen auch Medien und Dokumente aus den Archiven integriert werden, die im VDT kooperieren (Archiv Darstellende Kunst der Akademie der Künste, Deutsches Tanzarchiv Köln, Deutsches Tanzfilminstitut Bremen, Mime Centrum Berlin, Tanzarchiv Leipzig) und auch die redaktionellen und rechtlichen Grundlagen für die öffentliche Präsentation des Materials schaffen werden.
Das Tanzarchiv Leipzig e.V. übernimmt die redaktionelle Betreuung sowie die wissenschaftlich-thematische Konzeption der Plattform-Inhalte. Über einige Lehrveranstaltungen am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig können die Studierenden im Sommersemester 2021 direkt an dem Projekt teilhaben (insbesondere durch die Vorlesung Prof. Dr. Patrick Primavesi: Tanz digital – Wechselverhältnisse zwischen Tanz- und Mediengeschichte, und die darauf bezogene Schreibwerkstatt bei Dr. Melanie Gruß).
Geschichte
- Gegründet wurde das Tanzarchiv 1957 von Dr. Kurt Petermann am Zentralhaus für Kultur zur Dokumentation und Förderung der Volkstanzpraxis. Es erweiterte sich schrittweise zu einer Dokumentations- und Forschungsstelle für alle Bereiche von Tanz und Bewegungskultur.
- 1975 wurde die Einrichtung als Tanzarchiv der DDR zu einer Außenstelle der Akademie der Künste (Ost).
- Nach dem Ende der DDR verpflichtete sich der Freistaat Sachsen (im Staatsvertrag über die Auflösung der Akademie der Künste der DDR), das Tanzarchiv Leipzig zur gemeinsamen Nutzung durch die Universität Leipzig und die Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy weiterzuführen. Dazu wurde es 1993 in die Trägerschaft des Vereins Tanzarchiv Leipzig e.V. übergeben.
- Die Finanzierung des Vereins durch den Freistaat Sachsen endete 2011 mit der Überführung der Sammlungsbestände an die Universitätsbibliothek Leipzig. Dort werden die Bestände seither als Teil der Sondersammlungen für die allgemeine Nutzung zugänglich aufbewahrt.
Die Bestände des Tanzarchivs
Die Sammlungen umfassen neben umfangreichen Buch- und Zeitschriftenbeständen zahlreiche Fotografien, Filme, Videobänder, DVDs und Tonträger, außerdem eine große Programmheft- und Plakatsammlung sowie einzelne Nachlässe und Vorlässe.
Zu den international viel gefragten personenbezogenen Sammlungen zählen unter anderem:
- der Nachlass des Tanzrevolutionärs Rudolf von Laban
- Teilsammlungen zu Mary Wigman und Gret Palucca
- Fotos und Masken des „roten“ Tänzers und Choreografen Jean Weidt
- die Nachlässe der Tanzpädagoginnen Jenny Gertz und Ilse Loesch
- der Nachlass des Choreografen Uwe Scholz
Zugang zu den Beständen
Die Buch- und Zeitschriftenbestände finden Sie über den Online-Katalog (OPAC) der Universitätsbibliothek Leipzig.
Die Archivbestände recherchieren Sie über die Archivdatenbank Kalliope. Nach Bestellung und Voranmeldung per E-Mail können Sie die Archivbestände im Forschungslesesaal der Albertina einsehen.
Die Geschäftsstelle des Vereins mit einer umfangreichen Handbibliothek befindet sich in der Strohsackpassage (Nikolaistraße 6 – 10, 4. OG).