Ringvorlesung am

Veranstaltungsort: Universitätsstraße 3, Hörsaal 7

Die Ringvorlesung widmet sich den verschiedenen Formen männlicher Dominanz auf dem Gebiet der Religion. Darüber hinaus wird die feministische Religionskritik in ihrer Opposition gegen den Androzentrismus systematisch in den Blick genommen.

Der Androzentrismus ist in der Religionsgeschichte omnipräsent. Seine wichtigste Funktion besteht darin, Herrschaftsordnungen, die von Männern dominiert werden, religiös abzusichern. Dass man sich Gott als Vater im Himmel vorstellt, und dass die sich auf ihn berufenden - religiösen wie weltlichen - Herrscher Männer sind, bedingt sich gegenseitig. Die religiöse Grundstruktur patriarchalen Denkens hängt eng mit Fortpflanzung und Sexualität zusammen und nicht nur in den Augen der Kirchenväter verkörpern Frauen die "Lockspeise des Satans". Jungfräulichkeit zum Ideal zu stilisieren, lässt sich leicht als eine männliche (Un)Reinheitsfantasie erkennen, die jedoch die Pflicht zum Kindergebären als Gegenstück benötigt, um die menschliche Arterhaltung nicht zu gefährden. Erst in der Doppelung aus Jungfrau und Mutter erwächst der Frau ihre spezifische Würde (mulieris dignitatem), so Johannes Paul II. bei der Ausrufung des marianischen Jahres 1987/88.

In allen konservativen Traditionen haben Fromme viele Kinder und Probleme mit nichtreproduktiver Sexualität "just for fun". Je öfter Frauen gebären, umso länger dauert die Zeit ihrer Vulnerabilität, in der Männer bei ihren Führungsaufgaben unter sich und ohne Konkurrenz bleiben. Wegen der engen Verbindung zwischen Religion und Leben wurde die Entkriminalisierung des Sexualverhaltens zu einem Hauptkampffeld der Auseinandersetzung um die traditionelle Werte der Kern- oder Gattenfamilie. Aber auch außerhalb der Familien- und Sexualpolitik dienen ideologische Argumente dazu, egoistischen Bedürfnissen den Anschein eines allgemeinen Interesses zu geben.

Vor diesem Hintergrund widmet sich die Ringvorlesung allen Ausdrucksformen religiös begründeter Androkratie. Im Unterschied zu einer theologischen Herangehensweise, die bei Gott und Religion weibliche Wesenszüge aufzudecken sucht, soll die nichtreligiöse Perspektive der Religionswissenschaft den theoretischen Rahmen der Vortragsreihe bilden.

Programm

  • 17. April: Horst Junginger, Leipzig
    Antifeminismus als Rückkehr zum religiösen Ursprung von Angst und Hass
  • 24. April: Heidemarie Winkel, Bielefeld
    Feministische Religionskritik in postsäkularen Zeiten
  • 8. Mai: Ulrike Brunotte, Maastricht
    Female Hellenism: Gender, Bild und Ritual im Werk von Jane E. Harrison (1850-1928)
  • 15. Mai: Nil Mutluer, Berlin
    Continuities and Novelties of Gender and Sexuality in Turkey
  • 22. Mai: Edith Franke, Marburg
    Impulse feministischer Religionskritik für die Religionswissenschaft
  • 5. Juni: Yemima Hadad, Leipzig
    Women of the Wall (WOW): The Feminist Critique of State and Patriarchal Religion in Israel
  • 12. Juni: Luisa Klatte, Leipzig
    Strajk Kobiet ("Frauenstreik"): polnischer Abtreibungsdiskurs und feministische Proteste
  • 19. Juni: Noshin Shahrokhi, Gehrden
    Gegen religiösen Dogmatismus: die Frauenrevolution im Iran
  • 26. Juni: Anna Artwinska, Leipzig
    Polen und sein Papst: Johannes Paul II. im Spiegel der Kritik
  • 3. Juli: Verena Maske, Hannover
    Macht - Religion - Geschlecht: Religionswissenschaft und die Kategorie Gender

 

Erstellt von: Henriette Habelt