"Fragments of Leipzig" - Visuelle Ethnographien im urbanen Raum
Über die Ausstellung:
Die Ausstellung Fragments of Leipzig - Visuelle Ethnographien im urbanen Raum präsentiert visuelle, auditive und materielle Annäherungen an den urbanen Raum Leipzigs. Sie ist das Ergebnis eines forschungsorientierten Lehrprojekts des Instituts für Ethnologie der Universität Leipzig im Sommersemester 2025, das sich mit sozial- und kulturanthropologischen Forschungsmethoden und deren theoretischer Verortung beschäftigt. Ziel des Projekts ist die Sichtbarmachung und Zugänglichmachung studentischer Forschung im öffentlichen Raum.
Wie entstanden die visuellen Ethnographien?
Basierend auf einer Einführung in verschiedene Methoden der ethnographischen Feldforschung – darunter teilnehmende Beobachtung, Interviews und (audio-)visuelle Verfahren – sowie einer historischen Kontextualisierung ethnologischer Wissensproduktion, entwickelten die Studierenden zwischen April und Juli 2025 eigene Forschungsfragen und setzten diese empirisch um. Teil dieser Ausarbeitung war es, in einer zweiten Projektphase das gesammelte Wissen in eine Ausstellung zu übertragen.
Die Ausstellung überführt die ethnographische Forschung in eine erfahrbare, sinnlich zugängliche Form und macht sie außerhalb des akademischen Kontexts sichtbar. Ein Spätverkauf wird dabei zum Ort der Begegnung: Die üblichen Regale und Verkaufsflächen verwandeln sich in Träger von Bildern, Texten, Karten, Objekten, Zeichnungen, Fundstücken und Medienfragmenten Jedes Exponat steht in Bezug zu einem individuellen Forschungsprozess und ist über QR-Codes mit weiterführenden Inhalten wie Audio- und Videosequenzen, Erzählungen und Interviews verknüpft. Auf diese Weise entsteht ein dynamisches Inventar ethnographischer Perspektiven auf den urbanen Raum Leipzigs.
Ein Späti als Ausstellungsraum?
Die Wahl eines Spätverkaufs als Ausstellungsort ist bewusst getroffen: Fragments of Leipzig findet nicht im White Cube einer Galerie oder im institutionellen Rahmen eines Museums statt, sondern in einem alltäglichen, öffentlichen Raum. Der Späti steht exemplarisch für Zugänglichkeit, soziale Durchmischung und informelle Begegnung – Eigenschaften, die in etablierten Kunst- und Wissenschaftskontexten häufig fehlen. Indem ethnographische Forschung und künstlerische Auseinandersetzung in diesen Raum übertragen werden, wird der Anspruch verfolgt, bestehende Exklusionsmechanismen aufzubrechen. Wissenschaft und Kunst erscheinen hier nicht als abstrakte, distanzierte Systeme, sondern als nahbare, kontextspezifische Praktiken, die aus der Nachbarschaft heraus entstehen und in sie zurückwirken. So wird ein Raum geschaffen, in dem Wissensproduktion nicht nur beobachtbar, sondern aktiv mitgestaltbar wird.
Fragments of Leipzig ist kein geschlossenes Archiv, sondern ein lebendiger Wissensraum – ein prozessuales Gedächtnis ethnographischer Praxis. Das neue Späti-Inventar ist eine Sammlung verschiedener Fragestellungen, Erzählungen und Perspektiven in Leipzig. Dabei geht es jedoch nicht nur um das Sammeln und Bewahren, sondern ebenso um das Teilen, das Lernen und den Austausch von gelebtem Wissen mit der Nachbarschaft. Die Ausstellung lädt dazu ein, urbane Räume als dynamische Gefüge von Bedeutungen zu verstehen – fragmentarisch, widersprüchlich und vielstimmig. Sie öffnet einen Ort für Begegnung, Irritation und gemeinsames Weiterdenken – innerhalb und außerhalb der akademischen Sphäre.