Auf dieser Seite finden Sie eine Übersicht an Publikationen der Lehrenden des Instituts für Theaterwissenschaft, chronologisch rückblickend.

Gender Studies im Dialog.
Transnationale und transdisziplinäre Perspektiven

Herausgegeben von Anna Artwinska / Janine Schulze-Fellmann, transcript Verlag 2022

Wie sind die Entwicklungen der Gender Studies vor dem Hintergrund ihrer Historie zu verstehen? Die Beiträger*innen des Bandes diskutieren diese Frage in drei thematischen Blöcken: Biografische Reflexionen treffen auf politische, künstlerische sowie wissenschaftliche Interventionen und stellen so das Potential der Disziplin heraus. Die einzelnen Beiträge entsprechen Schlaglichtern, die sowohl Dis- als auch Kontinuitäten der Diskurse beleuchten. Die dadurch entstehenden Synergieeffekte bestätigen die Notwendigkeit eines entgrenzenden Dialogs im Fach, transdisziplinär wie transnational.

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Fremde Leidenschaften Oper - Das Theater der Wiederholung I
Mit Beiträgen von Merle Fahrholz, Anselm Gerhard und Klaus Zehelein

Herausgegeben von Günther Heeg, Verlag Theater der Zeit 2021

Die Vorgeschichte des gegenwärtigen Musiktheaters verortet Heeg in den spektakulären Aufführungen der Grand Opéra des 19. Jahrhunderts. Sie stellt sich für ihn als ein Vexierbild dar. Auf den ersten Blick zeigt sie sich als Vergnügungsapparat zur Erzeugung visueller und emotionaler Sensationen. In dieses Bild aber schreiben sich die Züge eines Seismografen ein, der die gesellschaftlichen Erschütterungen im Zeitalter der Revolutionen präzise verzeichnet.

Das Buch untersucht die Grand Opéra als „Kraftwerk der Gefühle“ (A. Kluge). In ihm kehren die verdrängten Erfahrungen und Traumata von Terror, Umbruch und Rebellion als fremde Leidenschaften wieder. Deren Spuren folgt das Buch zentral in den Opern des lange verfemten Giacomo Meyerbeer und, über die Grand Opéra hinaus, in Werken von Bellini, Wagner, Brecht/Weill, B.A. Zimmermann und Helmut Lachenmann sowie in aktuellen Inszenierungen des zeitgenössischen Musiktheaters (Jossi Wieler/Sergio Morabito, Peter Konwitschny, Barrie Kosky u.a.).

Inkl. Gastbeiträge von Dr. Merle Fahrholz, Chefdramaturgin der Oper Dortmund und designierte Intendantin des Aalto Musiktheaters Essen, Prof. Dr. Anselm Gerhard, Koryphäe der Geschichte und Gegenwart der Oper und Prof. Klaus Zehelein, Dramaturg und ehemaliger Intendant der Oper Stuttgart, verleihen dem Band zusätzliche theoretische und praktische Kompetenz.

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Clowns. Theaterfiguren und ihr Hinterland. Aufsätze

Herausgegeben von Gerda Baumbach, Universitätsverlag Leipzig 2021

Clowns sind weise und dumm, frech und ängstlich, böse und liebenswert, geschickt und tollpatschig, gemein und gutartig. Clowns sind anders, weil sie aus einer anderen Welt herbeikommen. Sie spielen mit allem, mit dem Leben und auch mit dem Tod. Sie lösen das große Gelächter aus, das Angst und Schrecken immer wieder einmal verjagt. Sie begegnen uns in Liedern, Tänzen und Erzählungen als Fest- und Theaterfiguren. Sie haben eine weit zurückreichende und weitverzweigte Geschichte. Dabei geht alles wild durcheinander: Narren und Harlekine, Zirkus und Mittelalter, Zanni und Buffoni, Mythos und Gegenwart, Pulcinella und Petruschka, Hanswurst und Kasper und vieles andere mehr.
Die Autorinnen und Autoren des Bandes nehmen sich der geheimnisvollen Wildnis an, indem sie ferne wie nahe Inseln ansteuern und erkunden. Die Reise führt zu heiligen Clowns, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen englischen Clowns über russische Clown-Pärchen, Chaplins Charlie und Hutters Hanna, Harlequins Höllenreise bis zu Hanswursts Verhältnis zum Tod, zur Spurensuche nach weiblichen Clowns und zu Lucia als zentrale Figur eines Tanzes. Auch unterirdische Verbindungen zwischen den entdeckten Inseln werden sichtbar, weil die einzelnen Studien voneinander wissen. Stück für Stück und pars pro toto wird das entfaltet, was Clowns in ihrer reichen Vielfalt verbindet. Damit entsteht eine Erzählung über Clowns, die sowohl zu den Kernen des clown vorstößt als auch von seiner immensen Langlebigkeit zeugt.
Der Band ist der Schauspielerin Gardi Hutter zum 40. Geburtstag ihrer Clownfigur Hanna gewidmet: Die Studien beziehen das Spiel der »Clownerin« vielfach und aus verschiedenen Blickwinkeln in die Erkundungen ein.
 

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Gestische Forschung. Praktiken und Perspektiven

Herausgegeben von Veronika Darian, Peer de Smit. Neofelis Verlag 2020

Nicht Gesten, sondern Gestisches als Vorgang und Prozess, als Disposition und Haltung steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen dieses interdisziplinär angelegten Bands. Damit verschiebt sich die Frage nach der Bedeutung von Gesten auf Fragen der Wahrnehmung, Erforschung und Beschreibbarkeit von Gestischem in unterschiedlichen Kontexten. Die Autor*innen stoßen auf diese Weise inhaltlich wie formal in höchst aktuelle und zudem gesellschaftlich, philosophisch und wissenspolitisch relevante Themenfelder vor.

Die Beiträge aus verschiedenen Künsten und Wissenschaften fokussieren das Gestische als spezifische Perspektive des Forschens. Sie lenken den Blick auf Bereiche, in denen gestische Phänomene bisher noch wenig untersucht oder auch kaum vermutet wurden. In jeweils fachbezogener Weise spüren die Autor*innen Gestischem als einem leibbasierten Modus nach, in dem spezifische Erfahrungen gemacht, Handlungen ermöglicht und Wissenserträge gewonnen werden können. Zugleich machen sie es sich zur Aufgabe, solche Annäherungen in künstlerischer wie wissenschaftlicher Praxis entsprechend zu reflektieren und zu formulieren.

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Fremde spielen. Materialien zur Geschichte von Amateurtheater

Herausgegeben von Günther Heeg, Claudius Baisch, Andrea Hensel, Caroline Krämer, Sophia- Charlotte Reiser, Henrike Schmidt, Stephan Schnell, Helena Wölfl. Uckerland: Schibri Verlag 2020

Dieses Buch ermöglicht es, Amateurtheater mit neuem, frischem Blick zu sehen. Es bringt die aktuellen Konzepte und Praktiken in eine Konstellation mit historischen Entwürfen und Modellen von Amateurtheater. Die Zusammenstellung von Geschichte und Gegenwart zeigt uns die heutigen Versuche  von Amateurtheater in fremdem Licht. Fremdmachen des Gegenwärtigen durch Historisieren, ein Brecht’sches Verfahren, ist auch die Methode dieses Buchs. Es untersucht fünf Terrains, die die Landschaft von Amateurtheater in der Gegenwart auszeichnen: I. die Suche nach sozialer Verortung und gesellschaftlicher Anerkennung, II. die Beziehung zu Gemeinschaft und Geselligkeit, III. die Auseinandersetzung zwischen professionellem Theater  und Amateurtheater, IV. die Rolle von kultureller und ästhetischer Bildung, V. die Bedeutung von Partizipation und Internationalisierung. Diese Terrains werden von den Autor_innen vermessen und auf ihre historisch-archäologische Tiefenstruktur hin befragt. Die besondere Art von Geschichtsschreibung, die dadurch entsteht, bezeichnen sie als Geschichtsschreibung der Präsenz.

Die Geschichtsschreibung der Präsenz streift frei durch die  historischen Orte und Landschaften von Amateurtheater. Sie will die Leser_innen anregen, es ihr gleich zu tun und das Buch durchzublättern, durchzustöbern und es kreuz und quer zu durchwandern. Dass Amateurtheater sich in solch einer migrantischen Lektüre auf das Fremde hin öffnet, ist die transkulturelle Hoffnung der Autor_innen.

Das Buch stellt die Ergebnisse des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten gleichnamigen Forschungsprojekts vor, das zwischen 2016 und 2019 am Centre of Competence for Theatre (CCT) der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) durchgeführt wurde.

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Theater, Protestantismus und die Folgen
Gänsemarkt-Oper (1678-1738) und Erster Hamburger Theaterstreit

Ingo Rekatzky. Leipzig: Universitätsverlag 2019 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 8. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

Deutsches Theater beginne, so glaubt man nach wie vor, in der Aufklärung: In Leipzig 1737 mit der angeblichen Verbannung des Harlekin und in Hamburg mit dem Deutschen Nationaltheater der Hamburgischen Entersprise, die von 1767 bis 1769 nur anderthalb Jahre währte. Doch dass an Ort und Stelle des Nationaltheaters von 1678 bis 1738 das erste stehende Theaterhaus im deutschsprachigen Raum betrieben wurde, die Oper am Hamburger Gänsemarkt, ist weiterhin unbekannt.
Gänsemarkt-Oper und der um sie von 1681 bis 1688 ausgetragene Erste Hamburger Theaterstreit werden erstmals aus der Perspektive einer transdisziplinären Theatergeschichtsforschung betrachtet. Damit bewertet die Studie nicht nur ein schillerndes und nahezu unbekanntes Kapitel deutschsprachiger Theatergeschichte neu, sondern sie trägt auch zur Revision des Wissens über Theater bei.
In Abhängigkeit vom Theaterstreit vollzog sich ein folgenreicher Wandel dessen, was man Theater zu nennen bereit war: weit über Hamburg hinaus und bis zum heutigen Tage fortwirkend. Die Untersuchung legt offen, dass dies auf die Bestimmung von Theater durch den Protestantismus zurückgeht. Theater musste, wollte es legitimiert werden, als eine weltliche und nützliche Kunst bestimmt sein – um den Preis des Verdrängens alles dessen, was sonst Theater eigen war.
Die während des Streits um Theater stattfindenden Aushandlungen bildeten – und dies war bislang unbekannt – die Voraussetzung für das Theatermodell der Aufklärung und dessen rigide Definition der Fiktionalität. Die Konsequenz daraus war es, dass ab nun Oper – das Supertheater schlechthin – aus dem bürgerlichen Begriff des Theaters herausfiel. Oper war nun kein Theater mehr, sondern eine eigene Gattung.

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Schauspieler. Historische Anthropologie des Akteurs. Band 2 Historien

Gerda Baumbach. Leipzig: Universitätsverlag 2018

Kriterien für Schauspielerkunst fallen nicht vom Himmel, doch gerade in jüngster Zeit haben Schauspieler*innen sich zu ihrem Beruf erklärt. Sophie Rois schätzt im Theaterspiel »Form«, »gedankliche Schärfe«, »historisches Bewusstsein«, »Tradition«, »Anarchie«. Gern aber werden Schauspieler auch einfach als Darsteller gehandelt. Nun hat sich ein Schauspieler gewehrt: Fabian Hinrichs unterscheidet zwischen »souveränem Schauspieler« und »Dar-Steller«, »Dar-Geher«, »Dar-Steher«. Die Unterscheidung wäre unwichtig, hätte sie nicht triftige Gründe, die umso nach drücklicher hervortreten, geht man ihnen auch historisch nach.
Dieser Band ist ein Buch über Glück. Er erzählt Historien von der jahrhundertelangen europäischen Auseinandersetzung, die den Darsteller stets aufs Neue gegen den Comödianten in Stellung bringt. Im lebendigen physisch-materiellen Zusammenhang von Menschsein und Schauspieler scheint ein Grund zu liegen, dass allein der Darsteller Akzeptanz findet. Als Stellvertreter der Werte passte man ihn in die Systeme der Ordnung, Beständigkeit und des rechten Maßes ein. Erzählt wird die Geschichte einer Anpassung, die doch stets als das Neue auftritt: von der »süßen Täuschung« der Zuschauer über die Wahrhaftigkeit bis zum Authentischen in den Darstellungen.
Der Akteur als Artist aber verschwindet nicht. Zur Freude des Publikums kommt er immer wieder dreist und aufmüpfig um die Ecke. Auf die in Band 1 schon gestellte Frage nach dem Schauspielerischen eigener Art antwortet ein gewisser M. Don Arlequin im dritten Kapitel mit einem »Nichts von Herzen«. Hier bedient sich das Double Figur / Akteur des Verfahrens vom Sagen durch Nichtsagen, das der Techniken und Mittel der Schauspielerkunst bedarf.

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Recycling Brecht Materialwert, Nachleben, Überleben

Günther Heeg. Theater der Zeit 2018

Ende der 1920er Jahre setzt Brecht den Bewahrern des kulturellen Erbes die These vom „Materialwert“ der Kunst entgegen. Er verabschiedet die Vorstellung einer überzeitlichen Dauer der Werke und rät, deren einzelne Teile bedenkenlos „herauszuhacken“ für ihre Wiederverwendung in der Gegenwart. Sein Vorschlag betont den Zeitkern von Kunst und zielt auf eine weitreichende Praxis der Wiederholung, Aneignung und Transformation historischer Artefakte und künstlerischer Praktiken. Diese bisher kaum reflektierte Theorie und Praxis Brechts wird hier rekonstruiert und auf ihn selbst angewendet.

Die Beiträge dieses Bandes, Ergebnis einer internationalen Forschungskooperation, gehen der Frage nach dem Materialwert Brechts in seinen eigenen Arbeiten und in seinem Nachleben in Theater und Film unserer Zeit nach. Sie fokussieren Verfahren Brechts, die für die Gegenwart nicht nur von künstlerischer, sondern auch von politischer Bedeutung sind, darunter Praktiken der Historisierung, der transmedialen „Trennung der Elemente“, der opernhaften Intensivierung von „Zuständen“ und des szenischen Reenactments klassischer Werke.

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Willkommen Anderswo - sich spielend begegnen. Theaterarbeiten mit Einheimischen und Geflüchteten

Günther Heeg und Lutz Hillmann (Hg.). Theater der Zeit 2017

Zum ersten Mal in der Bundesrepublik überhaupt fand im Mai 2017 ein Festival in der Stadt Bautzen statt, das Theaterarbeiten mit geflüchteten und einheimischen Jugendlichen zeigt. Das wegweisende Unternehmen des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters an einem Ort, der in der Vergangenheit wegen fremdenfeindlicher Aktionen in die Schlagzeilen geraten war, stellt Projekte von renommierten Theaterhäusern wie den Münchner Kammerspielen, dem Maxim Gorki Theater Berlin und dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg vor. Die Produktionen wurden von Workshops und einem Kolloquium begleitet, das Studierende der Leipziger Theaterwissenschaft veranstalteten. Im Fokus steht die Frage, wie das Zusammenleben mit und unter Fremden durch Theater befördert werden kann. Der Band dokumentiert die acht Aufführungen des Festivals in ihrem Entstehungsprozess und verdichtet sie zu exemplarischen Modellen der Theaterarbeit für eine künftige transkulturelle Gesellschaft.

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Das transkulturelle Theater

Günther Heeg. Theater der Zeit 2017

Das transkulturelle Theater ist an der Zeit. In einer historischen Konstellation, in der fundamentalistische Bewegungen weltweit Fremdenangst und Fremdenhass ausagieren, ist das transkulturelle Theater ein entscheidendes Medium der Hinwendung zum Fremden. Es ist das Produkt einer Forschungsperspektive, die es erlaubt, historisch und räumlich unterschiedliche Praktiken von Theater im Licht einer künftigen transkulturellen Gemeinschaft zu sehen. Der Forschungsperspektive inhärent ist ein Erkenntnisinteresse, das das Singuläre von Theater-Praktiken und Darstellungsformen wie Geste, Szene, Medium und Transmedialität, Verkleidung und Maskierung ins Auge fasst und exponiert. Günther Heeg entfaltet die Idee des transkulturellen Theaters, entwirft seinen Welt-Raum und untersucht an zahlreichen Inszenierungen und Aufführungen seine Praxis im Wechselspiel von Theatererfahrung und theoretischer Reflexion.

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Synästhesie als Diskurs. Eine Sehnsuchts- und Denkfigur zwischen Kunst, Medien und Wissenschaft

Melanie Gruß. Transcript 2017

Ist von Synästhesie die Rede, so verbinden sich damit gemeinhin Vorstellungen einer »ursprünglichen« Einheit der Sinne. Melanie Gruß dagegen formuliert Synästhesie als Diskurs, der sich im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die Entwicklung technischer Medien konstituiert und diese Deutung zuerst hervorbringt. Sie zeigt: Als Konstrukt verknüpft das Synästhetische Utopien gesamtsinnlichen Empfindens mit Visionen der technischen Synthetisierung und Kopplung der Sinne.

Die Studie bietet nicht nur einen innovativen Blick auf eine seit etwa 1980 verstärkt geführte Debatte um Synästhesie in Natur- und Geisteswissenschaften, sondern vor allem einen interdisziplinär angelegten Zugriff auf die Kulturgeschichte seit der Moderne.

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Moresca. Vielfalt und Konstanten einer Tanzpraxis zwischen 15. und frühem 17. Jahrhundert

Von Charlotte Gschwandtner. Leipzig: Universitätsverlag 2017 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 7. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

Moresca ist eine in Europa weit verbreitete Tanzpraxis von großer Faszination. Besonders für das 15. bis 17. Jahrhundert ist sie in einer enormen Vielfalt kultureller und regionaler Varianten bezeugt. Die bis heute weitergetragene Ansicht, Moresca sei nichts anderes als die getanzte Darstellung des Kampfes zwischen Christen und Mauren, erweist sich endgültig als überholt.
Die grenzüberschreitende Studie von Charlotte Gschwandtner präsentiert einen an die Quellen zurückgehenden Beitrag zur Theatergeschichtsforschung, denn sie erkundet Moresca in den Zusammenhängen von Fest, Tanzen und Theater. Aus diesem Blickwinkel nimmt die Dimension der Moresca Gestalt an, kommen groteske Bewegungskörper und mythische Matrix zum Vorschein. Es ist jener tänzerische Untergrund, auf dem auch professionelle Akteure der Neuzeit sich bewegen.
Im Spannungsfeld zwischen Praktiken der Repräsentation und der popularkulturellen Tradition verfolgt Charlotte Gschwandtner die Moresca in höfischen und städtischen Festen von Rom bis Nürnberg, in zahlreichen Bildzeugnissen sowie literarischen Texten und kommt ihr in den Comedie der Stadtrepublik Siena nahe. Aus eben dieser Vielfalt und Verbreitung zeichnet sich die Moresca als ein Grund-Tanz europäischer Kultur- und Theatergeschichte ab, dessen Bedeutung bislang unterschätzt wurde.

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Erinnern – Erzählen – Erkennen. Vom Wissen kultureller Praktiken. Aufsätze

Herausgegeben von Ronja Flick, Maria Koch und Ingo Rekatzky. Leipzig: Universitätsverlag 2017 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 6. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

»Wer nicht tanzt, erkennt nicht, was sich begibt. – Amen«. Tanzend gibt Christus diese Weisheit an seine Jünger weiter. Mit der Fähigkeit leiblichen Erkennens in der Bewegung stoßen wir auf kulturelle und theatrale Praktiken, die im Alltag gemeinhin unsichtbare Seiten des Seins sehen lassen und unterschiedliche Erkenntnisweisen ermöglichen. So wie die Quantenphysik den ›gesunden‹ Menschenverstand schockiert, erschüttern traditionell-moderne Theaterfiguren mit Vorläufern aus Mythen und Erzählungen die Gesetze der Vernunft und Logik, denn sie besitzen gespenstisch-widersprüchliche Kräfte. Einstein sprach von »Gespensterfeldern«, weil er befürchtete, letztendlich könnte die Quantenphysik die Grenze zwischen physikalischer Realität und der Welt des Traums verwischen.
Die in diesem Band versammelten Beiträge wagen sich an das Faszinierende wie Erschreckende solcher Grenzverletzungen mit dem Ziel einer Verständigung über damit verbundenes (verborgenes) Wissen. Autorinnen und Autoren aus Philosophie, Kunstgeschichte, Physik, Ethnologie, Musik- sowie Tanz- und Theaterwissenschaft finden unterschiedliche Antworten auf die Fragen, welche Weisen der Erkenntnis möglich sind, welche Wissensformen auch jenseits des logos-zentrierten Denkens existieren und auf welchen Wegen Wissen weitergegeben wird: sei es in der Popkultur des 20. und 21. Jahrhunderts, in der Gestaltung mittelalterlicher Manuskripte oder in theatralen Praktiken der (Frühen) Neuzeit wie der Gegenwart – aus europäischer sowie nichteuropäischer oder auch aus kosmologischer Perspektive. Wie epistemologische Ver- und Aushandlungsprozesse in diversen kulturhistorischen Zusammenhängen immer wieder stattgefunden haben, zeigen exemplarisch die hier versammelten Untersuchungen, und zwar über die vermeintlichen Trennlinien zwischen Natur- und Geisteswissenschaften hinweg.

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Willkommen im Uhuversum! Von augenzwinkernden Uhus, Schlaraffen, Sternschnuppen, Freimaurern, gestressten Dekanen, Vorlesungen bei Kerzenschein u.v.m. Eine Zeitreise durch die Geschichte des Rothen Collegs

Von Christiane Richter. Leipziger Universitätsverlag 2016

Das „Rothe Colleg“ in der Ritterstraße 16 in Leipzig, in dem sich heute die Zentralverwaltung und das Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig befinden, ist einer der ältesten Komplexe der Leipziger Alma Mater und hat eine enorm reiche und interessante Geschichte. Anhand konkreter historischer Quellen erzählt die Autorin einzelne spannende Anekdoten und Begebenheiten, die sich hier zugetragen haben. So werden z.B. die humorigen Treffen der Schlaraffia Lipsia sowie der Künstlervereinigung der Leoniden, die hier im Erdgeschoss ihr Vereinslokal hatten, lebendig und detailgetreu geschildert. In der 1. Etage des Hauses befand sich von 1894 bis 1904 die Freimaurerloge „Phoenix“, zu deren bekanntesten Gründern und Vertretern der weltberühmte Verleger Anton Philipp Reclam gehörte, der aktiv an den Ritualen seiner Logenbrüder teilnahm. Die Dekane der Philosophischen Fakultät, die ihren Sitz im „Rothen Colleg“ hatten, mussten manch nervenaufreibende Situation durchstehen z.B. wenn eifrige Teppichklopfer im Hof ihnen das Leben schwer machten. Schließlich erlebt der Leser anhand des packenden Augenzeugenberichts eines Bewohners des „Rothen Collegs“ den Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 auf Leipzig und den Einmarsch der US-Armee im Jahre 1945 mit.

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Performative Lernkulturen. Ritual - Tanz - Theater

Hanna Walsdorf, Karin Polit (Hrsg.). Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2016.

Kann Wissen auch durch Bewegungen in Ritual, Tanz oder Theater weitergegeben werden? Welcher Art ist dieses Wissen, das mehr an körperliche Bewegung als an Sprache gebunden ist, und wie wird es erlernt? Der interdisziplinär konzipierte Band zeigt, wie performative Praxis und rituelle Lernprozesse mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen zusammenhängen. Dazu werden Beiträge aus der Germanistik, Geschichts- und Tanzwissenschaft mit ethnologischen und psychologischen Theorien zu Gedächtnis und Verkörperung vereint. Die ausgewählten Fallbeispiele behandeln dabei Spannungsverhältnisse und Aushandlungsprozesse im europäischen Theatertanz, bei liturgischen Tänzen im mittelalterlichen Europa, beim höfischen Tanz im Ancien Régime, beim Straßburger Akademietheater zu Beginn des 17. Jahrhunderts, bei kontemporären, nordindischen Ritualpraktiken und aktuellen Praktiken der Systemaufstellung in Deutschland. Dadurch lässt sich ein umfassendes Bild der Stellungen performativer Institutionen zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedenen Orten der Welt zeichnen. Die performative Aneignung und Ausführung von Wissen in Ritualpraktiken wird hier ebenso wie – umgekehrt – die ritualisierte Aneignung und Ausführung performativer Praktiken aus historischer, ästhetischer und psychologischer Sicht beleuchtet.

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Musik – Politik – Identität (15. Internationaler Kongress der Gesellschaft für Musikforschung: Freie Referate, Band 3)

Herausgegeben von Matthew Gardner und Hanna Walsdorf. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen 2016

Musik ist immer auch Spiegel und Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Paradigmen und politisch-nationaler Identitätsdiskurse. Der vorliegende Sammelband vereint Beiträge zu historischen und gegenwärtigen Fragestellungen, die um das Verhältnis von Politik und musikalischem Schaffen kreisen.Im ersten Teil sind Beiträge zusammengefasst, die sich mit „Musikalischer Identität und politischer Realität“ befassen und dabei ideologische Zuschreibungsprozesse im Musikdiskurs thematisieren. Der zweite Teil des Bandes umfasst Betrachtungen über „(Musikalische) Konstruktionen von eigener und fremder Identität“ aus verschiedensten nationalen Zusammenhängen.

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Pezzi Chiusi - Geschichten, Konstellationen, Reflexe

Herausgegeben von Corinna Kirschstein und Anke Charton. Leipzig: Universitätsverlag 2015

Theatergeschichtsschreibung jenseits eines Narrativs des kontinuierlichen Fortschritts, darin sind sich die Autoren der hier versammelten Texte bei aller Unterschiedlichkeit der von ihnen behandelten Sujets einig, ermöglicht eine perspektivische Vielfalt divergierender und komplementärer Ansätze; sie ermöglicht einen Zugang zu jenen historischen Augenblicken, die das Gegebene aufbrechen und subversives Potenzial entfalten: so wie die für den Aufbau einer Commedia all’improvviso grundlegenden pezzi chiusi, auf die der souveräne Akteur bekanntlich zurückgreift, um eine artifizielle Erzählstruktur zu etablieren – zum Entsetzen jener Theoretiker eines regelmäßigen Dramas, die die Illusion eines linearen Geschichtsverlaufs zu erzeugen versuchen.

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Die Praxis der/des Echo. Zum Theater des Widerhalls

Herausgegeben von Veronika Darian, Micha Braun, Jeanne Bindernagel und Miroslaw Kocur [Interdisciplinary Studies in Performance, Bd. 2]. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2015

Der Band versammelt Lektüren gegenwärtiger und historischer Konstellationen in Theater, Text und Kunst, die Echo als Figur und Phänomen nachspüren. Im antiken Mythos ist die Nymphe Echo zur ohnmächtigen Wiederholung fremder Rede verdammt. Sie wird zum Sinnbild eines defizitären, vom Anderen abhängigen Wesens. Doch birgt der Widerhall mehr in sich, verweist er doch auf das widerständige Moment einer Zergliederung jedes ›eigentlichen‹ Ausdrucks. Echos körperlose Stimme gemahnt an die Medialität der Kommunikation, das Entgleiten des Sinns, die Grenzen der Mitteilbarkeit und die Ambivalenzen einer Aneignung der Vergangenheit. Damit aber wohnt ihr ein entschieden theatrales Element inne. Echo wird als eigene Praxis wirksam.

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Momentaufnahme Theaterwissenschaft. Leipziger Vorlesungen

Herausgegeben von Gerda Baumbach, Veronika Darian, Günther Heeg, Patrick Primavesi und Ingo Rekatzky. Berlin: Theater der Zeit 2014

Der vorliegende Band ist dreierlei: Dokument, Stellungnahme und Positionsbestimmung. Er enthält die Beiträge von namhaften Wissenschaftler/innen der deutschsprachigen theaterwissenschaftlichen Institute zu einer gemeinsamen Ringvorlesung in Leipzig. Der Anlass dafür ist ein zwiespältiger: Das Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig wurde im 20. Jahr seines Bestehens mit massiven Stellenstreichungen konfrontiert. Der Band bietet die Momentaufnahme der Forschungsansätze eines hochproduktiven und grenzüberschreitenden Faches, die in ihrer Unterschiedlichkeit und Korrespondenz von der Zukunftsfähigkeit der Theaterwissenschaft zeugen. Die Beiträge, die die Relevanz der Theaterwissenschaft unterstreichen, verteidigen deren unverzichtbare Vermittlungsfunktion innerhalb der Geisteswissenschaften und darüber hinaus gegenüber neoliberalen Logiken und einer vollständigen Ökonomisierung der Universität. Die Publikation ist ein unübersehbares Signal dieses gemeinsamen Widerstands.

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Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 11, 2014 // 3: Oper und Film // Opernfilm

Herausgegeben von Hanna Walsdorf, Tarek Krohn, Willem Strank et al., Kiel 2014.

Schon bevor der Film sprechen lernte, fand die Oper ihren Weg auf die Leinwand – in seiner Verfilmung von Georges Bizets CARMEN (1918) ließ Ernst Lubitsch gleichwohl Stummfilmschauspieler dem Libretto gemäß agieren. Die Bandbreite an Filmgenres, die sich der Oper als theatraler Gattung, als gesellschaftliches Ereignis oder soziales Attribut bedienen, ist spätestens seit Beginn der Tonfilmära kontinuierlich gewachsen und reicht von Komödien wie A NIGHT AT THE OPERA (1935) über Opernfilme wie Walter Felsensteins FIDELIO (1955) oder Franco Zeffirellis LA TRAVIATA (1982) bis hin zu Produktionen wie Jonathan Demmes PHILADELPHIA (1993) oder Woody Allens Film TO ROME WITH LOVE (2012). Musik aus Opern, die hier als soziales, emotionales oder auch satirisches Narrativ eingesetzt wird, bereichert dabei die Bildebene um das, was sie in ihrem originären Kontext bedeutet und eröffnet Interpretationsräume, die weit über die eigentliche Filmhandlung hinausweisen.

In der elften Ausgabe der Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung widmen sich die Autoren den unterschiedlichen Aspekten der Synthese von Film und Oper und decken dabei eine filmhistorische Palette ab, die von den Experimenten der Stummfilm-Ära bis zur Rolle des Films in modernen multimedialen Operninszenierungen reicht.

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Reenacting History: Theater & Geschichte

Herausgegeben von Günther Heeg, Micha Braun, Lars Krüger und Helmut Schäfer. Berlin: Theater der Zeit, 2014.

"Reenacting History: Theater & Geschichte" stellt die Frage nach der Erscheinung und Erfahrung der Vergangenheit in vielfältigen Formen des künstlerischen Reenactments und blickt dabei umfassend auf das Verhältnis von Theater und Geschichte. An zeitgenössischen Theaterproduktionen, Stücken sowie populären und künstlerischen Reenactments, an historischen Dramen und Aufführungspraktiken sowie philosophischen Konzepten untersuchen die Autorinnen und Autoren die prekäre Figur des "Dramas der Geschichte", gehen dem Verhältnis von Lebens-Geschichte und Szene nach und analysieren die Aufführung der Geschichte im Horizont eines Theaters der Wiederholung. Sie begreifen Theater als einzigartigen Ort der Aushandlung und Aneignung der Vergangenheit und erkunden "Geschichte in Zukunft" im Medium des Theaters.

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Die Praxis der/des Echo. Vom Widerhall in den Künsten, dem Theater und der Geschichte

Herausgegeben von Veronika Darian, Micha Braun und Jeanne Bindernagel. Open access-Publikation 2013.

Die Nymphe Echo ist im antiken Mythos eine begabte Erzählerin, der wie so vielen ein grausames Los widerfährt. Weil sie Juno/Hera durch ihren Wortschwall von den Amouren ihres Gatten Jupiter/Zeus ablenkte, wird sie mit dem Entzug der eigenen Rede bestraft: Nur mehr fähig, die letzten Worte ihres Gegenübers zu wiederholen, ist sie verdammt zum ohnmächtigen Widerhall fremden Ausdrucks. So wird die Nymphe Echo zum Sinnbild eines vom Anderen abhängigen Wesens. Es fehlt ihr das vermeintlich Originäre. Doch birgt der Widerhall in sich mehr als die reine Wiederholung des Vorgängigen, mit Derrida gesprochen verweist er auf das Moment der Verschiebung und Zergliederung eigentlichen Ausdrucks, des Widerstands innerhalb der Iteration. In der zunehmend körperlosen Stimme der Echo scheint all das auf, was das Wiederholte als Wiedergeholtes nicht mehr zu verdecken vermag: das Entgleiten des Sinns, die Position der Sprechenden, die Medialität der Kommunikation, die Rauheit der Stimme, die Ambivalenzen der Aneignung, die Grenzen der Mitteilbarkeit und das Risiko der Endlichkeit. Echo lässt sich entsprechend nicht allein als unwillentliche und unmittelbare Reaktion verstehen, sondern drängt sich als eigene Praxis spürbar auf – als Widerstand, Verweigerung, sogar Streik.

In der Online-Publikation finden sich neben den Beiträgen des gleichnamigen Symposiums auch Arbeits- und Diskussionsergebnisse, eigene künstlerisch-wissenschaftliche Produktionen sowie eine ausführliche Projektdokumentation.

Zur Projektseite sowie der Online-Publikation.

Schauspieler. Historische Anthropologie des Akteurs. Band 1 Schauspielstile

Von Gerda Baumbach. Leipzig: Universitätsverlag 2012

Schauspieler regen unsere Phantasie an. Wie machen sie das? Nicht immer gleich. Weder Mensch noch Schauspieler erschöpfen sich in scheinbar ewig währender Beständigkeit und Gleichförmigkeit. Aus historischen und kulturellen Vergleichen treten erhebliche Unterschiede der Auffassungen vom Menschen sowie vom Schauspieler und seinem Tun hervor. Theorien über den Schauspieler entstehen in Folge anthropologischer Konzeptionen und Menschenbilder so wie umgekehrt Schauspielen an Menschenbildern mitwirkt oder diese hinterfragt und in praxi umspielt.
Die seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert dominante Übereinkunft vom Schauspieler als Menschendarsteller wirkt weiter. Doch in Gegenwart und Vergangenheit ist die Praxis vielfältig. Verzauberung, Vergnügen und Faszination sind nicht verflogen. Was also ist Schauspielen?
Das Buch legt in Stichproben seine Vielfalt offen und beschreibt drei historische Schauspielstile, die in Wechselbeziehung mit Seinsweisen und anthropologischen Konzeptionen zur Geltung kamen.
Seit der Theatermoderne des 20. Jahrhunderts gibt es in Folge des als fragil anerkannten Subjekts Rückgriffe auf historische Stile, nun in vielfachen Kombinationen, Mischungen oder Synthesen. Das Erinnern an die Schauspielstile und damit an verschiedene Verfahren des Erkennens und Wissens von menschlichem Sein kann gerade für die Schauspielerpraxis in der Gegenwart hilfreich sein. Der Weg des Erinnerns führt zur Suche nach einem eigentümlich »Schauspielerischen«, das lange Zeit als des Teufels galt.

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Zu Rezensionen

Die politische Bühne. Ballett und Ritual im Jesuitenkolleg Louis-le-Grand 1701–1762

Von Hanna Walsdorf. Erschienen bei Königshausen & Neumann 2012

Die öffentlichen Ballettaufführungen des Pariser Jesuitenkollegs Louis-le-Grand waren im 17. und 18. Jahrhundert ein wahrer Publikumsmagnet. Im Rahmen des alljährlichen Preisverleihungsrituals zum Schuljahresabschluss im August wurde hier auf so hohem Niveau getanzt, dass man den Vergleich mit der Académie royale de musique nicht zu scheuen brauchte – schließlich waren die professionellen Tänzer, Choreographen und Komponisten derselben an den Produktionen für die Jesuitenschule maßgeblich beteiligt. Anhand der bislang kaum beachteten Ballettszenarien des 18. Jahrhunderts wird in dieser Studie erstmals systematisch untersucht, wie dabei Tugenden und Werte im Sinne jesuitischer Pädagogik vermittelt wurden und wie sich politische Implikationen manifestierten: Der Topos der Nation wuchs im Laufe der Jahrzehnte auch in den Balletten für Louis-le-Grand zu einer politischen Größe heran. So spannen die Ballette mit ihren Zeitkommentaren und tagesaktuellen Bezügen in der Gesamtschau einen großen narrativen Bogen, anhand dessen sich die Geschichte Frankreichs nacherzählen lässt – und die des Verhältnisses der Jesuiten zu König, Land und dem theaterfeindlichen Jansenismus, dessen Vertreter für die Vertreibung der Jesuiten aus Frankreich 1762 mit verantwortlich waren.

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Akteure und ihre Praktiken im Diskurs

Herausgegeben von Corinna Kirschstein und Sebastian Hauck. Leipzig: Universitätsverlag 2012 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 5. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

Was ist ein Akteur? Ist er ein Lügner und Heuchler? Ein Philosoph? Ein Diener der Worte des Autors? Oder Souverän seiner Aktionen? Erzählend und gestikulierend, singend, tanzend und deklamierend, nachahmend, sich verstellend oder sogar von einem Leben ohne Theater träumend – so stellt dieser Band den Akteur vor.
Die Beiträge von Nachwuchswissenschaftlern und bekannten europäischen Theaterhistorikern ermöglichen Begegnungen mit dem Goliarden MacConglinne, dem Tanzmeister Negri, dem Reformator Martin Luther, den Kastraten Nicolini und Guadagni, italienischen Comici, Physikern, der Maschera Pulcinella, Stendhal und seinem zimtfarbenen Überrock, venezianischen Theaterreformern des 18. Jahrhunderts sowie den italienischen Akteuren Dario Fo und Carmelo Bene.
Dabei erkunden die Autoren den Facettenreichtum von Theater zwischen Praktiken schauspielerischen Agierens und theoretisch-akademischen Diskursen: vom Theater der sozialen Lebensrealität, seien es klerikale Prozessionen oder adlige Selbstdarstellungen, bis zu einer Utopie vom Leben ohne Theater und Theaterei, von der Tradition des souveränen Schauspielers bis zu dem Theater, das gemeinhin als »das« Theater gilt und in dem die Gesten des Darstellers die Gemüsebeilage zum Fleischgericht der Worte des Autors liefern.
So sind die vorliegenden Aufsätze zu Akteuren und ihren Praktiken im Diskurs auch Versuche, an theatertheoretische Grundfragen zu rühren.

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prima donna, primo uomo, musico. Körper und Stimme: Geschlechterbilder in der Oper

Von Anke Charton. Leipzig: Universitätsverlag 2012 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 4. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

In Verbindung von Theater- und Musikwissenschaft stellt Anke Chartons Studie einen Beitrag zur Opernforschung vor, der Oper aus dem Gesamtphänomen Theater gerade nicht herausnimmt. Sie erkundet so ein weites Feld der Theatergeschichtsforschung. Im Zentrum stehen Geschlechtervorstellungen, die in der Oper von vertrauten Bildern abweichen können: Die Verhältnisse von Körper, Stimme und Geschlecht erweisen sich historisch als erstaunlich variabel und können bis heute die scheinbar »natürlichen« Unterschiede zwischen weiblich und männlich irritierend durchkreuzen. Hier trägt kulturgeschichtlich orientierte Opernforschung zur Geschlechterforschung bei, anthropologiehistorische Geschlechterforschung eröffnet der Opernforschung neue Perspektiven.
Anke Charton unterzieht den Mythos von der »Geburt der Oper« einer kritischen Revision und legt die theatralen Einflussbereiche offen, die nicht nur deren Anfänge ausmachen, sondern auch darüber hinaus wirken. Die Phänomene Kastratengesang und Hosenrolle, die in Zeiten eines verstärkten Interesses an Geschlechterrollen zu populären Forschungsfeldern geworden sind, werden vor dem Hintergrund älterer Körper- und Weltvorstellungen neu gelesen. Dabei wird in vielfältigen Zusammenhängen der Formung und Wahrnehmung der Gesangsstimme nachgespürt. Die Studie schlägt so einen Bogen vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart und bietet eine fundierte Einführung in opernhistorische und geschlechtertheoretische Zusammenhänge.

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In Figuren erzählen. Zu Geschichte und Erzählung bei Peter Greenaway

Von Micha Braun. Univ.-Diss., Universität Leipzig, 2011.
Bielefeld: Transcript, 2012.

Manche Filme schreiben Geschichte – Filme von Peter Greenaway hingegen fordern
die Geschichtsschreibung heraus.
Micha Brauns Studie untersucht Formen der Geschichtserzählung in ausgewählten Werken Greenaways und stellt sie kenntnisreich in einen kulturhistorischen Kontext. Im Zentrum der Lektüren steht die Figur Tulse Luper, deren Lebens-Geschichte in immer neuen Rekonstruktionen erscheint. Ihre ambivalente Position zwischen Erzähler, Plot und Betrachter stellt Wahrnehmungsmuster von Raum und Zeit, von Bildkomposition und Kontinuität infrage. Wie aber kann eine Aneignung der Vergangenheit im Medium des Films gelingen? Und was bedeutet dies letztlich für unser »Bild« von der Geschichte?

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Globalizing Areas, kulturelle Flexionen und die Herausforderung der Geisteswissenschaften

Herausgegeben von Günther Heeg und Markus A. Denzel. Unter Mitwirkung von Jeanne Bindernagel. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2011

Die Dynamiken der Globalisierung stellen Gesellschaften auf der ganzen Welt vor komplexe Herausforderungen des menschlichen Zusammenlebens. Hybride Lebenswelten, geprägt von inneren Spannungen und Konflikten, scheinen den oft beschriebenen Gefahren soziokultureller Desorientierung, Fundamentalisierung und drohender kriegerischer Zusammenstöße von Kulturen nahezu zwangsläufig zu erliegen. Der Leipziger Forschungsverbund „Globalizing Areas. Kulturelle Flexionen von Zeiten und Räumen“ sucht nach Alternativen zu diesem Modell. In historischen und an der Gegenwart orientierten Untersuchungen arbeitet es an einem Grundlagen- und Lebenswissen im Umgang mit dem Anderen und Fremden. Das Konzept der kulturellen Flexionen ermöglicht es, die Voraussetzungen und Chancen des transkulturellen Zusammenlebens neu wahrzunehmen, zu analysieren und zu überdenken.
Die Beiträge untersuchen Konzepte und Künste des Handelns, mittels derer die Verflechtung von Zeiten und Räumen in globalisierten Welten kreativ angeeignet zum Ausgangspunkt kultureller Neuorientierungen werden kann.

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Das Theater der Bildbeschreibung. Sprache, Macht und Bild in Zeiten der Souveränität

Von Veronika Darian. Univ.-Diss., Universität Leipzig, 2007. München: Fink Verlag 2011

Die in der Antike entstandene Gattung der Bildbeschreibung (gr. Ekphrasis) und eines der meistbesprochenen Werke der Kunstgeschichte, Diego Velázquez’ »Las Meninas«, treffen aufeinander. Das Ergebnis ist eine luzide Studie zum spannungsvollen Verhältnis von Bild, Sprache, Theater und Macht in der Zeit des barocken Absolutismus.

Das stumme Bild und die blinde Sprache sind in der Kunst- und Kulturgeschichte des Abendlandes von Anbeginn in einem kämferischen Konkurrenzverhältnis befangen. Der Wettstreit um die eigene Vorrangstellung ist indessen nicht selten verbunden mit der Indienstnahme durch die jeweiligen Herrschaftsform. Das ›Theater der Bildbeschreibung‹ bietet von seinen rhetorischen Anfängen bis zur gegenwärtigen Aporie nicht nur einen Einblick in herrschaftliche Machtstrukturen. Es eröffnet auch die Frage nach dem subversiven Protenzial der sich ‚befreienden‘ Künste selbst. Bemerkenswert ist, wie dabei zusehends der Künstler und seine Kunst den Souverän von seinem angestammten Platz zu verdrängen beginnen.

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Comica – Donna Attrice – Innamorata. Frühe Berufsschauspielerinnen und ihre Kunst

Von Katy Schlegel. Leipzig: Universitätsverlag 2011 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 3. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

Auf der Suche nach dem Reichtum und der Vielfalt von Theater, auf die sich die „Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung“ begeben, erkundet die Studie von Katy Schlegel die frühen Berufsschauspielerinnen der so genannten Commedia dell’Arte.
Im Zentrum stehen jene professionellen Schauspielerinnen, die im 16. und 17. Jahrhundert zuerst die italienischen und bald auch die europäischen Schauplätze eroberten. Für die Zeitgenossen war es eine unerhörte Neuerung, dass leibhaftige Frauen Frauenfiguren spielten. Die Quellen lassen sie im Widerstreit der Lobpreisung als „göttliche Frau“ und der Verdammung als „höllische Furie“ erscheinen.
Katy Schlegel revidiert das im deutschsprachigen Raum geläufige Bild dieser Schauspielerinnen als Wegbereiterinnen der bürgerlichen »naturwahren« Schauspielkunst.
Aus kulturhistorischer Sicht erweisen sie sich als Akteurinnen, die höchst artifiziell mit dem zeitgenössischen Menschen- und Frauenbild, mit Rollen und mit Subjektverfassungen spielten. Auch diese Comiche, obgleich ohne Gesichtsmaske, spielten ebenso wie die Comici, ihre männlichen Kollegen, auf der Grundlage der Gesamtkörpermaske. Dies ermöglichte ihnen Verwandlungen, Vervielfältigungen und Grenzüberschreitungen, in denen sie Grundfragen der menschlichen Existenz kommunizierten.

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Auf dem Weg nach Pomperlörel – Kritik »des« Theaters

Herausgegeben von Gerda Baumbach. Leipzig: Universitätsverlag 2010 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 2]

Dieser Band ist gewidmet dem Andenken an den Theaterhistoriker Rudolf Münz und präsentiert dessen letzten Aufsatz aus dem Jahre 2006, der die Probleme der Theater(geschichts)wissenschaft bilanziert und für Deutschland thematisiert.
Der Titel „Auf dem Weg nach Pomperlörel“ verweist auf einen Pfad der Phantasie zum theaterhistorischen Gesamtfeld Natur/Mythos – Historie/Geschichte: auf den Spuren traditioneller Theaterfiguren schreiben die Autoren die Kritik »des« Theaters (als Drama, Aufführung etc.) fort. Der Band versammelt Aufsätze bekannter europäischer Theaterhistoriker und vielversprechende Beiträge von Nachwuchswissenschaftlern.
Die Studien führen zu Variantenreichtum und Gefügen europäischen Theaters. Sie ermöglichen Begegnungen mit der weithin unbekannten deutschen Comödie mit Hanswurst, mit dem europäischen Spielraum der italienischen Comödie und ihrer Figuren, mit dem Ende von Traditionen, aber auch mit deren Fortleben bei Nestroy oder ihrer Wiederbelebung durch Meyerholds (Re-)Konstruktion der Schauspielkunst, mit Berninis Schaffen zwischen dem Theater des Papstes und dem zentralperspektivischen Kunsttheater im barocken Rom, mit den verschwiegenen und stillen Familienverhältnissen der Oper und mit der vergessenen Kultur- und Theatergeschichte im Umfeld von Maske und Person(a) sowie mit den Verwandtschaften des Don Juan und ihrem Platz beim Gastmahl mit den Toten.
Themen wie diese verdanken sich neuen Wegen der Theaterhistoriographie, die sich aus dem Umdenken nach 1968 eröffnet hatten und seither weitergegangen werden. Sie verstehen sich als Versuche, die Überlieferung an ihre aktuelle Brisanz zurückzubinden.

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Tanz vermittelt – Tanz vermitteln. Tanzforschung 2010

Herausgegeben von Hanna Walsdorf und Helga Burkhard. Berlin: Henschel 2010

Tanz wird in vielerlei Kontexten gelernt und gelehrt, aufgeführt und aufgenommen. Wie und wodurch aber wird das Körper- und Bewegungswissen vermittelt? Die in diesem Band versammelten Beiträge sind breit gefächert und beleuchten aus historischer, ästhetisch-künstlerischer, pädagogischer und therapeutischer Perspektive die verschiedenen Möglichkeiten der bewegten und bewegenden Kommunikation. Die Betrachtungsansätze reichen dabei vom Bühnentanz des 19. Jahrhunderts und das Rollenverständnis im Gesellschaftstanz über die Tanzvermittlung in Schule und öffentlichem Raum bis hin zur analytischen Bewegungstherapie.

Der Band dokumentiert das Symposium der Gesellschaft für Tanzforschung an der Fakultät für Sportwissenschaft der Technischen Universität München vom 23.–25. Oktober 2009.

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Bewegte Propaganda. Politische Instrumentalisierung von Volkstanz in den deutschen Diktaturen

Von Hanna Walsdorf. Erschienen bei Königshausen & Neumann 2010

Seitdem sich die Forschung im ausgehenden 19. Jahrhundert dem Volkstanz zugewandt hat, sind vielerlei Definitionen desselben formuliert, revidiert und präzisiert worden. Die Ansichten darüber, was denn Volkstanz eigentlich sei, gingen und gehen dabei weit auseinander. ‚Volkstanz‘, das war und ist eine durchlässige Größe, und entsprechend groß fällt die allfällige Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit aus. So ist jener überaus uneinheitlich definierte ‚Volkstanz‘ immer irgendwie politisch und kann nur in seinem historischen Kontext verstanden werden. Mit dem ‚Dritten Reich‘ und der Deutschen Demokratischen Republik nutzten zwei – zugespitzt formuliert – ideologisch konträre Regimes mit dem Volkstanz dasselbe Mittel zur Inszenierung und politisch-ideologischen Manipulation der Volksgemeinschaft bzw. Volksmasse. Die vorliegende Studie untersucht die konkreten Bezüge zwischen Körperbildern und politischer Ideologie, Massenveranstaltungen und nationaler Gemeinschaft, fragt nach dem Einfluss des Diskurses um diese Denkfiguren und kulturellen Praktiken auf den Volkstanz und analysiert die Begriffsentwicklungen in den beiden Untersuchungszeiträumen. Damit werden nicht nur evidente Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgefiltert und durchleuchtet, sondern im Ergebnis auch Kontinuitäten zwischen den beiden untersuchten Systemen aufgezeigt.

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Are 100 Objects Enough to Represent the Dance? Zur Archivierbarkeit von Tanz

Janine Schulze. Epodium 2010

Sich dem Tanzarchiv zu verschreiben, bedeutet sich der Archivierung einer Kunstform zu widmen, die sich gemeinhin durch ihre Flüchtigkeit auszeichnet und somit als schwierig bis gar nicht dokumentierbar gilt. Tatsächlich aber macht die Eigenschaft des flüchtigen den Tanz geradezu zum prädestinierten Sammel- und Theorieobjekt innerhalb aktuellster Archiv-Diskurse. Denn (Tanz)Archive und das durch sie verfügbar gemachte Sammelgut befinden sich durc die Nutzung im ständiger Bewegung. Das Denken über Bewegung und dn damit verbundenen Koordinaten von Körper, Raum und Zeit steht nie still. Vergangene Ideen, Ideale und auch Ideologien mischen sich, überlagern und kontrastieren sich. Die Flüchtigkeit des Tanzes entspricht der Flüchtigkeit der betrachtenden Standpunkte. Die Materialien eines Tanzarchivs sind nicht nur Dokumente bestimmter Zeiten und ihren ästhetisch-künstlerischen Vorstellungswelten. Sie geben auch Zeugnis von sich wandelnder Wissensaneignung und Wissensdefinitionen. Politisch betrachtet ist die Körperkunst Tanz stets Spiegelbild der sie prägenden gesellschaftlichen (Macht)Strukturen und Normierungen, die alle ihre Spuren am Körper und dessen Formen von Ästhetisierung hinterlassen. Are 100 Objects enough to represent the Dance? Nähert sich den Orten der Tanzarchivierung mal als jene des Körpergedächtnisses, mal als die des Erinnerns und versteht sie schließlich als Orte in Bewegung. Dabei changieren die Standpunkte und Perspektiven zwischen Tanztheorie, Tanz- und Archivpraxis. Der vorliegende Band beschränkt sich nicht auf eine eurozentristische Perspektive, sondern integriert auch Ansätze aus Israel, Süd- und Nordamerika sowie Korea.

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Theater Wissenschaft Historiographie. Studien zu den Anfängen theaterwissenschaftlicher Forschung in Leipzig

Von Corinna Kirschstein. Leipzig: Universitätsverlag 2009 [Leipziger Beiträge zur Theatergeschichtsforschung, Bd. 1. Herausgegeben von Gerda Baumbach]

In der mit diesem Band eröffneten Reihe werden Studien auf der Suche nach dem Phänomen Theater veröffentlicht. Diese Suche findet im Spannungsfeld von Gegenwart und Historie statt, um Einsichten in den Reichtum kultureller Theater-Praxen vorzustellen. Dazu gehört der Zusammenhang von Wissen und Theater, der das Fragen nach dem Werdegang der Wissenschaft mit dem Gegenstand Theater einschließt.
Corinna Kirschstein untersucht die Frühphase der deutschen Theaterwissenschaft aus dem Sichtwinkel ihrer Anfänge in Leipzig. Sie revidiert damit die bisherige Historiographie des Faches und zeigt nicht zuletzt, wie der verwendete Begriff von Theater dessen Wissenschaft beeinflusst.

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Das provozierte Versehen: Kunst und Leben des Squat Theatre

Von Martina Bako. Univ.-Diss., Universität Leipzig, 2005. Saarbrücken: Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften. Saarbrücken 2009

Das Lebens- und Theaterkonzept Squats manifestiert sich darin, den theatralen Raum im existentiellen und ideellen Raum des konkreten und gemeinschaftlichen Lebens zu finden, das private Leben als Theater-Variante des Lebens zu verstehen. Die Autorin untersucht historisch wie künstlerisch die verschiedenen Ebenen des Ineinanderspielens von Kunst (Theater) und Leben, deren wechselseitige Verkehrung in unmittelbarer Kommunikation mit den Zuschauern in Szene gesetzt, in den verschiedensten Schaffensphasen des Squat Theatre. Durch wohl verstandene Rekonstruktion sämtlicher noch dokumentierbarer Produktionen wird die spezifische Logik veranschaulicht, die der Arbeit der Gruppe zu jeder Zeit gefolgt ist und in den einzelnen Realisationen zugleich die Zugehörigkeit zur Kultur- Geschichte ihrer Zeit aufweist. Das provozierte Versehen gehört wie der Einbruch der Realität in die Kunst und das diffizile Spielen mit den Zeichen der Maske in der Moderne zu den herausragenden Charakteristika des Wohnungstheaters in Budapest wie des Schaufenstertheaters in Westeuropa und den USA.

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Verhaltene Beredsamkeit? - Politik, Pathos und Philosophie der Geste

Herausgegeben von Veronika Darian. Unter der Mitarbeit von Katharina Polster, Michael Wehren und Hilke Werner. Frankfurt am Main [u.a.]: Peter Lang 2009

Gesten sind Teil unseres Alltags, unseres Verhaltens gegenüber anderen, unseres sozialen und kulturellen Umfeldes und darüber hi-naus der gesamten medial vermittelten Welt. Gesten sind nicht zuletzt auch deshalb als komplexes Moment der Künste und der Wissenschaften zu begreifen, die sie ihrerseits aufnehmen, widerspiegeln und zu ergründen suchen. Denn Gesten bergen die inhaltliche Herausforderung ebenso wie die formale. Auf der Grundlage des gleichnamigen Symposiums, das im Winter 2006 im Rahmen eines internationalen Ausstellungsprojektes in den Räumen der Oper Leipzig stattfand, entstand das vorliegende Buch mit Beiträgen aus den verschiedenen Künsten und Wissenschaften. Jeder einzelne widmet sich aus jeweils eigener Perspektive sowohl der Politik der Gesten als auch dem Schreiben bzw. der Lektüre der Geste sowie jenem Rest, der in den Programmen, Strategien und Praktiken des Gestischen nicht aufgeht.

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Theatrographie: Heiner Müllers Theater der Schrift

Herausgegeben von Günther Heeg und Theo Girshausen. Berlin: Verlag Vorwerk 8 2007

Was bleibt, sind »Texte, die auf Geschichte warten« (H. Müller) Der vorliegende Band fokussiert das Werk Heiner Müllers unter dem Blickwinkel der »Praxis der Texte« (Julia Kristewa). Dieser Ansatz trägt dem besonderen Schreibprozess Rechnung, den Müllers Manuskripte verzeichnen: Müller hat, oft über Jahre hinweg, Textpassagen, intertextuelle Bezüge, intermediale Verweise und Kommentare gleichsam wie ein Theaterregisseur in szenisch-graphischen Konstellationen angeordnet, die er immer wieder änderte und neu montierte. Noch bevor sich so von einer fertigen, endgültigen ›Fassung‹ eines Textes, einem ›Stück‹ sprechen ließe, das dann auf dem Theater inszeniert werden könnte, ist Theatralität bereits in den Vorgang seines Schreibens eingewandert und zersetzt dort die Gestalt des literarischen Werks und den darin inkorporierten Glauben an verbürgten dramatischen Sinn. Die Auflösung des Werks in der Performativität des Schreibens und die Verschränkung von Schrift und Theater in Müllers Schreiben, Müllers ›Theater der Schrift‹, fordern neben Editoren, Literatur-, Kultur- und Theaterwissenschaftlern eben auch das Theater selbst: die Regisseure, Dramaturgen und Schauspieler, in besonderer Weise heraus.

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Kinder der Nibelungen / Klaus Heinrich und Heiner Müller im Gespräch mit Peter Kammerer und Wolfgang Storch

Herausgegeben von Günther Heeg und KD Wolff. Frankfurt am Main: Stroemfeld 2007

Die Faszination der Nibelungen. Klaus Heinrich und Heiner Müller im Gespräch mit Wolfgang Storch (September 1987); "Die Nation beerdigen..." - Klaus Heinrich im Gespräch mit Peter Kammerer (November 2002); B.K.Tragelehn: Der letzte Versuch. In memoriam Heiner Müller.

Aus dem Vorwort: Die beiden Gespräche, die Klaus Heinrich mit Heiner Müller und über ihn geführt hat und mit deren Veröffentlichung wir Klaus Heinrich zu seinem 80. Geburtstag gratulieren, handeln von den Nibelungen und der Notwendigkeit, die Nation zu beerdigen - also von Deutschland. Der Blick, der darauf geworfen wird, ist alles andere als germanozentrisch verengt, seine Perspektive ist die Geschichte der Gattung. Das erste Gespräch wurde vor 20 Jahren, das zweite vor fünf Jahren geführt. Die Texte sind zeitgebunden-unzeitgemäß, also an der Zeit. Ihr Fluchtpunkt ist die Gegenwart und das, was kommt.

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Die Ballets Russes auf biblischen Pfaden. Von der Josephslegende zum Verlorenen Sohn

Von Hanna Walsdorf. Erschienen bei Books on Demand 2007

Als große Publikumserfolge der Ballets Russes stehen die Josephslegende (1914) und der Verlorene Sohn (1929) für die ungebrochene Aktualität biblischer Lehren - die bis heute währende Rezeptionsgeschichte und die vielen Neuauflagen beweisen die anhaltende Gültigkeit ihres Inhalts ebenso wie diejenige der Choreographien Fokines und Balanchines als Meilensteine der Ballettgeschichte, auf die noch immer rekurriert wird. Hanna Walsdorf nimmt das intermediale Geflecht von Bibeltext und Libretto, aus Musik, Bühnen- und Kostümgestaltung sowie den choreographischen Konzepten Fokines und Balanchines in den Fokus. Anhand der Frage, wie und in welchem Maße diese einzelnen Bausteine aufeinander und insbesondere auf den Bibeltext Bezug nehmen, wird der Diskrepanz zwischen Ausgangstext und seiner interpretierenden Übersetzung in Tanz nachgespürt.

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Mind the Map! History Is Not Given

Herausgegeben von Günther Heeg, Marina Grzinic und Veronika Darian. Frankfurt am Main: revolver 2006

"Mind the Map! - History Is Not Given" möchte eine Diskussionsplattform zu Kunst- und Kulturproduktionen schaffen, die an den Schnittstellen östlicher und westlicher Kunstrealitäten in Europa angesiedelt ist. Unser Ausgangspunkt ist das "East Art Map" Projekt des slowenischen Künstlerkollektivs IRWIN. Es spürt der Geschichte der Kunstwerke und -prozesse im Territorium des östlichen Europa von den 1920ern bis heute nach. Das Ergebnis ist eine Karte mit Hunderten von Kunstwerken und künstlerischen Beziehungen in Zeit und Raum. IRWINS Impuls wiederum wurde von relations, einem Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes, aufgegriffen: In einer zweiten Phase wurden acht Universitätspartner aus mehreren europäischen Städten zur Zusammenarbeit eingeladen. Sie nähern sich dem Projekt aus drei verschiedenen Perspektiven: der kunsthistorischen Perspektive, der Perspektive der Kultur- und Sozialwissenschaften, die den Diskurs um einen allgemeineren kulturellen, politischen, sozialen und medialen Hintergrund erweitert und einer performativen Perspektive, die Dramaturgie, Performance und kulturelle Interventionen umfasst.

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Stillstand und Bewegung: Intermediale Studien zur Theatralität von Text, Bild und Musik

Herausgegeben von Günther Heeg und Anno Mungen. München: epodium 2004

‹Stillstand› und ‹Bewegung› markieren die Pole, in deren Spannungsfeld die wechselseitige intermediale Anziehung von Text, Bild und Musik immer neue Gestalt annimmt. Als diente die Grenze, die Lessings Laokoon zog zwischen den Künsten, die dem Stillstand unterliegen und jenen, die der Bewegung unterworfen sind, keinem anderen Zweck, als die Attraktivität des jeweils ‹jenseitigen› Mediums zu erhöhen und die Herausforderung ihrer Verbindung und Vereinigung anzunehmen. Was der poetische Text und die Sprache nicht sagen können, davon soll die Musik reden, wovon beide schweigen, davon kann das Bild eine Vorstellung geben. Die intermediale Symbiose der Künste im Gesamtkunstwerk zielt auf Totalität. Die Kehrseite dieses Anspruchs ist die Brechung und Entwertung des Eigensinns der Künste, die Verkennung ihrer Medialität und Theatralität. Beide Begriffe definieren sich über die Beziehung zum Abwesenden. Medialität exponiert die Bestimmung und Grenze jedes Mediums: Mittler! zu sein. Kein Mittler aber kann ganz und gar vergegenwärtigen, was er zu vermitteln trachtet. Vor dem Abgrund des prinzipiell Abwesenden fokussiert Theatralität den hervorgehobenen Vorgang der Vermittlung, die besondere Weise und Konstellation des Erscheinens von Text, Bild und Musik, kurz: die Gegenwärtigkeit der Künste als Medien. Medialität und Theatralität so verstanden wirken der total(itär)en Verschmelzung der Künste im Gesamtkunstwerk entgegen und geben ihnen ihre Eigenständigkeit zurück. Sie vergrößern den Abstand zwischen ihnen und eröffnen einen Zwischenraum, in dem sich neue Möglichkeiten des intermedialen Austauschs von Text, Bild und Musik, von Stillstand und Bewegung abzeichnen.

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Moving Thoughts – Tanzen ist Denken. Reihe Documenta Choreologica des Tanzarchiv Leipzig e.V.

Janine Schulze. Vorwerk8 2003

In dieser Publikation gehen Praktiker und Theoretiker der Frage nach, ob und inwieweit Tanzen und Denken sich gegenseitig bedingen. Verschiedene Ansätze und Perspektiven treffen hier aufeinander: theoretisch orientierte Texte stehen neben Stücktexten, Zitaten oder Statements zum Thema. Daraus entsteht ein von Durchlässigkeit und Offenheit geprägter Textkorpus, der spielerisch die diversen Denkansätze in Beziehung setzt und ein Weiterdenken geradezu herausfordert.
Die Beiträge gehen auf eine viel beachtete internationale Tanzkonferenz, die im Dezember 2000 in Leipzig stattfand, zurück. Das Tanzarchiv Leipzig e.V. lud gemeinsam mit dem Leipziger Off-Theater (LOFFT e.V) für drei Tage zum Denken über den Tanz ein. 'Moving Thoughts – Tanzen ist Denken' ist Dokumentation und Arbeitsbuch zugleich.

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Theaterkunst & Heilkunst. Studien zu Theater und Anthropologie

Herausgegeben von Gerda Baumbach. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2002

Eine Reisebeschreibung der Stadt Leipzig aus dem Jahre 1769 berichtet von den "Merkwürdigkeiten" vor dem Peterstore, wo es zur Messe wie in einem "Lustlager" zugehe. Den Ärzten und ihrem Comödienspiel sei aber eine gewisse Nützlichkeit, gerade in einer Universitätsstadt mit ihren vielen Melancholikern und Hypochondristen, nicht abzusprechen. Solchen "Ärzten" wurde der Medikamentenhandel gestattet, das "comoedien-spil" hingegen immer erneut verboten, obwohl gerade dieses Bestandteil ihrer Kuren war. In der Verbindung mit Heilkunst liegt eine der Quellen für das Entstehen der berufsmäßigen Schauspielkunst im 16. Jahrhundert in Europa. Dieses Buch geht in Einzelstudien dem eigentümlichen Zusammenhang von Heilen und Schauspielerei nach, der bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts praktiziert wurde, und zieht auch außereuropäische Vergleiche heran. Es ist ein Feld, auf dem Medizin, Theater und Religion in einem weiten Sinne ineinander greifen.

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Klopfzeichen aus dem Mausoleum: Brechtschulung am Berliner Ensemble

Von Günther Heeg. Herausgegeben von Stefan Schnabel. Berlin: Verlag Vorwerk 8 2000

Festgegossen in Bronze hockt er im Kreidekreis vor dem Berliner Ensemble: Bertolt Brecht, der Jahrhundertautor, ist begraben im ehernen Denkmal seiner selbst. Seit der Intendanz Heiner Müllers machte sich ausgerechnet das vielgescholtene Berliner Ensemble an die Herkulesaufgabe, den Klassiker aus seinem Mausoleum zu befreien und als zeitgenössischen Autor wiederzuentdecken. Anläßlich des 100. Geburtstages Brechts wurde die kritische Auseinandersetzung mit Brecht auf der Bühne des Berliner Ensembles durch die Vortrags- und Diskussionsreihe «Brechtschulung» begleitet.

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Das Phantasma der natürlichen Gestalt. Körper, Sprache und bild im Theater des 18. Jahrhunderts

Von Günther Heeg. Frankfurt am Main: Stroemfeld 2000

„… eine theaterhistorische Untersuchung, die brillant die Debatten um die Theaterreform im 18. Jahrhundert auf neue und neueste Fragestellungen der Theatertheorie bezieht. Sie hat alle Chancen, zu einem vielbedeutenden, vielbenutzten und diskutierten Referenzbuch zum Theater des 18. Jahrhunderts zu werden.“
Hans-Thies Lehmann

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Dancing Bodies Dancing Gender - Tanz im 20. Jahrhundert aus der Perspektive der Gender-Theorie

Janine Schulze. Edition Ebersbach 1999

Gibt es einen Körper, der frei ist von gesellschaftlichen Vorstellungen, Idealen und Zuschreibungen? Was wird bezeichnet, wenn von weiblichen und männlichen Körpern im Tanz die Rede ist? Mit welchen theatralen Mitteln und mit welcher Bewegungssprache werden Konzepte von Weiblichkeit und/oder Männlichkeit auf der Tanzbühne inszeniert? Dancing Bodies Dancing Gender betrachtet die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts und analysiert exemplarisch zeitgenössische Tanzstücke im Spannungsfeld der theoretischen Entwicklung der Frauen-, Männer- und Geschlechterforschung.

Seiltänzer und Betrüger? Parodie und kein Ende. Ein Beitrag zur Geschichte und Theorie von Theater

Von Gerda Baumbach. Tübingen, Basel: Francke Verlag 1995
(zugl. Habil.-Schr., Universität Wien 1993)

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Die Wendung zur Geschichte. Konstitutionsprobleme antifaschistischer Literatur im Exil

Von Günther Heeg. Stuttgart: Metzler 1977

Die Geschichtsauffassung der deutschen Volksfront im Exil der Jahre 1933 bis 1938 ist zum einen Produkt der internationalen Situation im sozialistischen Lager, zum anderen wird sie durch die zur Verfügung stehenden Bündnispartner, in erster Linie die bürgerlichen Intellektuellen und die seit 1933 spekulativ gewordene "ganze Nation" bestimmt. Die exilierten Intellektuellen lenken ihr Augenmerk auf die Geschichte der Freiheitsbewegungen in Deutschland, weil sie mit dem geschichtlich noch nicht Aufgegangenen, dem uneingelöst vernünftigen "Rest" am ehesten ein kulturpolitisches Kampfmittel gegen den Nationalsozialismus in Händen zu halten glauben. Diese Konstellation wird anhand der Reaktion bürgerlicher Antifaschisten wie Heinrich und Klaus Mann auf 1933, anhand der sozialistischen Perspektive bürgerlicher Schriftsteller während des I. Allunionskongresses der Sowjetschriftsteller 1934, der Humanismusdebatte im "Wort" und den kulturpolitischen Forderungen des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale sowie der Brüsseler und Berner Konferenzen der Kommunistischen Partei Deutschlands untersucht. In einer Fülle von Einzelanalysen des literarischen und des theoretischen Verständigungsprozesses zeigt Günther Heeg die Grenzen und die Möglichkeiten des intendierten "Praktischwerdens" der deutschen Exilliteratur.

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