zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eingang in das Institutsgebäude in der Ritterstraße 14, links Blick in den Studiensaal mit Gipsabgüssen auf der Fensterbank, rechts eine Pflanze, die zur Begrenzung der Sitzgelegenheiten des benachbarten Kiosk dient
Ritterstraße 14, Institutsgebäude des Lehrbereichs der Klassischen Archäologie (Foto: Marion Wenzel)

Der Lehrbereich Klassische Archäologie bildet an unserer Universität Leipzig zusammen mit der Ur- und Frühgeschichte und der Alten Geschichte eine zentrale Säule des Bachelorstudiengangs Archäologie und Geschichte des Alten Europa. Der Aufbau des Studiengangs trägt einem ausgewogenen Verhältnis von Theorie und Praxis Rechnung, indem in verschiedenen Lehrformen Fachwissen und methodische Fertigkeiten im Umgang mit materiellen Kulturgütern und -phänomenen vermittelt werden. Gemeinsam mit der Ur- und Frühgeschichte bietet der Lehrbereich der Klassischen Archäologie den Master-Studiengang Archäologie der Alten Welt an.

Im Zentrum der Klassischen Archäologie stehen materielle Hinterlassenschaften der Kulturen des Mittelmeerraumes von der griechischen Bronzezeit (des 2. Jahrtausends v. Chr.) bis zur allmählichen Auflösung des römischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. Traditionelle Schwerpunkte des Faches liegen im Bereich der Kunst- und Kulturgeschichte der griechischen und römischen Antike mit ihren wichtigsten Metropolen Athen und Rom, deren heutige Stadtbilder immer noch durch deutliche Spuren ihrer antiken Geschichte geprägt sind. Berücksichtigung finden auch ländliche und städtische Gebiete Nordafrikas, Kleinasiens, Südfrankreichs und der iberischen Halbinsel mit ihren wichtigen urbanen Zentren wie Alexandria, Ephesos, Milet oder Pergamon. Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich damit von der Atlantikküste bis in den Vorderen Orient und zum indischen Subkontinent. Besonderes Augenmerk liegt auf der Gestaltung von Leben und Lebensraum in antiken Gesellschaften. Dadurch widmet sich das Fach zum einen den historischen Grundlagen für die nationalstaatlich geprägten Kulturen des modernen Europa. Zum anderen ermöglicht es, in historischer Dimension grundlegenden und aktuellen Themen des gesellschaftlichen Zusammenlebens nachzugehen, wie etwa der Konstruktion von „eigen“ und „fremd“.

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Blick auf das Theater von Fiesole (Foto: Sarah Al Jarad)

Archäologische Materialien werden durch eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden erschlossen und interpretiert. Neben die traditionellen Ausgrabungen und Oberflächenbegehungen (Surveys) sind naturwissenschaftliche Methoden wie Geophysik, Paläobotanik oder Archäozoologie von großer Bedeutung für Interpretationen der Antike. Besondere Bedeutung kommt den Methoden zur Erforschung bildlicher Überlieferungen in den unterschiedlichsten Gattungen und deren Tradition zu. Das Verständnis materieller Kultur im kulturgeschichtlichen Kontext ermöglicht darüber hinaus auch die Erarbeitung kulturwissenschaftlicher Modelle. Thematisiert werden beispielsweise Diskurse um soziale Rollen in einer antiken Gesellschaft. Diese Vielfalt an Methoden ergibt für die archäologische Tätigkeit ein Zusammenspiel aus handwerklicher Praxis (zum Beispiel im Rahmen einer Grabung oder im Museum) und theoretischer Modellbildung.

Durch die bildbasierte Lehre im Bereich der Klassischen Archäologie eignet sich das Studium zum Erlernen von Schlüsselkompetenzen wie der Visualisierung wissenschaftlicher Fragestellungen und Lösungsansätze. Die enge Einbindung des Leipziger Antikenmuseums, der Lehr- und Studiensammlung antiker Originale und der Gipsabguss-Sammlung in die Lehre ermöglicht den Studierenden, archäologische Methoden unmittelbar am Objekt zu erlernen und zugleich praktische Kompetenzen für die berufliche Zukunft zu erwerben. Damit werden die Grundlagen für eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten und Forschen in den archäologischen Disziplinen gelegt und zugleich, durch den Erwerb von Schlüsselqualifikationen, Perspektiven für fachnahe Tätigkeiten im Bereich von Museen, der Denkmalpflege, Verlagen und anderen Kultureinrichtungen eröffnet.

Der Beginn archäologischer Lehrtätigkeit an der Leipziger Universität geht auf den Professor für Poesie Johann Friedrich Christ zurück, der ab 1735 den Studierenden erstmals Zeugnisse antiker Kunst zur kritischen Beurteilung vorlegte und damit den akademischen Archäologie-Unterricht in Deutschland einleitete. Kaum 100 Jahre später erfolgte 1834 die Gründung einer „antiquarischen Gesellschaft“, aus der 1874 als feste Universitätseinrichtung das Archäologische Seminar entstand.

Nach dem Vorbild von Göttingen und Bonn wurde seit 1840 auch in Leipzig eine Lehr- und Studiensammlung antiker Kunst aufgebaut, die trotz hoher kriegsbedingter Verluste heute immer noch zu den größten akademischen Kunstmuseen zählt. In der Folge entwickelte sich das Leipziger Archäologische Seminar zu einer angesehenen Lehr- und Forschungsanstalt, an der einflussreiche Gelehrte wie Johannes Overbeck, Franz Studniczka, Herbert Koch und BERNHARD SCHWEITZER das Fach vertraten und aus der nicht wenige bedeutende Archäologen wie Andreas Rumpf und Ernst Langlotz hervorgingen.

Dem Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg unter Schweitzer und Koch setzten 1968 die gegen „bürgerliche Bildungsfächer“ gerichteten Maßnahmen der 3. Hochschulreform ein Ende: Der Lehrstuhl für Klassische Archäologie wurde aufgelöst und die Lehr- und Studiensammlung in Depots verbannt. Die Einrichtung bestand bis zur Wende als „Fachbereich Archäologie“ fort. 

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Gipsabgüsse antiker Skulpturen und Porträtköpfe männlicher und weiblicher Figuren
Gipsabgüsse im Studiensaal in der Ritterstraße 14 (Foto: Marion Wenzel)

1991 wurde der Lehrstuhl für Klassische Archäologie wiedereingerichtet. Von 1991 bis 1997 hatte Eberhard Paul den Lehrstuhl inne, in dessen Amtszeit eine erste Neuordnung von Institut, Studiengang und Antikenmuseum fiel. Seit 1994 wurde das Institut mit Bibliothek, Fotothek und Mediathek kontinuierlich wiederaufgebaut, 1999 konnten – 125 Jahre nach der Gründung – die Räumlichkeiten im restaurierten historischen Gebäude Ritterstraße 14 am Nikolaikirchhof bezogen werden. Das angeschlossene Antikenmuseum ist in der Alten Nikolaischule bereits seit 1994 zugänglich. In den nächsten Jahren gilt es, die ehemals berühmte Sammlung von Gipsabgüssen griechischer und römischer Plastik instandzusetzen und sie für die Lehre nutzbar zu machen. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde durch die Aufstellung einzelner gereinigter Abgüsse im Studiensaal und in den anderen Räumlichkeiten des Instituts getan. Durch die intensive Einbindung der Sammlung und des Antikenmuseums in den Lehrbetrieb konnte an die goldenen Zeiten der Leipziger Klassischen Archäologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angeknüpft werden.

Im Rahmen struktureller Umbrüche an der Universität Leipzig im Jahre 2014, erfolgte die Anbindung der Klassischen Archäologie als Lehrstuhl an das historische Seminar. Im gleichen Zug begann die Erarbeitung eines neuen Bachelorstudiengangs in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Alte Geschichte und der Professur für Ur- und Frühgeschichte. Mit dem 2018 schließlich eröffneten Studiengang „Archäologie und Geschichte des Alten Europa“ wird aktuellen Ansprüchen an interdisziplinäre Lehre Rechnung getragen und die glanzvolle Geschichte der klassischen Archäologie in Leipzig fortgeschrieben.

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