Die Geschichte der Altorientalistik ist besonders in ihrer Frühzeit untrennbar mit der Universität Leipzig verbunden: Hier wurde sie erstmals an einer deutschen Universität als eigenständige wissenschaftliche Disziplin gelehrt.

Friedrich Delitzsch (1850-1922)

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Porträt von Friedrich Delitzsch. Foto: Rudolf Dührkoop. Wikimedia Commons.
Porträt von Friedrich Delitzsch. Foto: Rudolf Dührkoop. Wikimedia Commons.
  • Den Grundstein des Faches legte Friedrich Delitzsch, unter dessen Führung das Fach im Jahre 1874 erstmals als eigenständige wissenschaftliche Disziplin an einer deutschen Universität etabliert wurde. Mit mehreren Arbeiten legte Delitzsch in seiner Leipziger Zeit die philologischen Grundlagen des Babylonisch-Assyrischen (Akkadischen).
  • Unter seinem Nachfolger Heinrich Zimmern (1862–1931) erfolgte die Gründung eines Semitistischen Instituts mit einer „arabischen“ und einer „assyrischen“ Abteilung. Die beiden Direktoren, der Arabist August Fischer und Heinrich Zimmern, begründeten gemeinsam die Reihe „Leipziger Semitistische Studien“.
  • Franz Heinrich Weißbach (1865–1944) studierte in Leipzig klassische und orientalische Philologie und habilitierte sich 1897 mit der Arbeit „Die sumerische Frage“ (1898), in der er endgültig nachwies, dass das Sumerische keine Geheimschrift der Babylonier, sondern die Sprache eines Volkes war. Er forschte und lehrte bis 1935, wo ihm durch die Nationalsozialisten die Lehrberechtigung entzogen wurde.
  • Mit Paul Koschaker (1879–1951), der durch eine Reihe bahnbrechender Arbeiten vor allem während seiner Leipziger Zeit die neue Disziplin „Keilschriftrecht“ etablierte, wurde das „Seminar für orientalische Rechtsgeschichte“ gegründet und dem Semitistischen Institut angegliedert.

Benno Landsberger (1890-1968)

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Foto von Benno Landsberger, Leipzig 1935. Foto: Altorientalisches Institut.
Foto von Benno Landsberger, Leipzig 1935. Foto: Altorientalisches Institut.
  • Benno Landsberger (1890–1968) wurde 1925 zum außerordentlichen Professor ernannt. Seine Antrittsvorlesung „Die Eigenbegrifflichkeit der babylonischen Welt“ wurde 1926 in der Zeitschrift Islamica, Bd. 2, S. 355–372 publiziert und gehörte wegen ihres programmatischen Charakters jahrzehntelang zu den meistzitierten Aufsätzen der Altorientalistik. Unter Landsbergers Führung etablierte sich das Leipziger Institut als wissenschaftliches Zentrum auf internationaler Ebene. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten machte dies jäh zunichte. Der Jude Landsberger wurde am 1. April 1935 entlassen und emigrierte an die im Aufbau befindliche Universität Ankara.
  • Nach der Entlassung von Landsberger und Weißbach und dem Weggang von Koschaker nach Berlin wurde Johannes Friedrich (1893–1972) am 30. April 1936 zum Lehrstuhlinhaber ernannt. Mit ihm fasst die noch junge Disziplin der Hethitologie in Leipzig fuß. Nach Kriegsende folgte sein Weggang an die Freie Universität Berlin, um dem SED-Regime zu entgehen.
  • Hans-Siegfried Schuster (1910–2002) kam 1930 zum Studium nach Leipzig und promovierte 1936, nachdem Landsberger bereits nach Ankara emigriert war, bei Johannes Friedrich. Schuster ist die Rettung eines Teils der Tontafelsammlung des Altorientalischen Instituts zu verdanken, die beim Bombenangriff am 4. Dezember 1943 zusammen mit dem Institutsgebäude in der Schillerstraße 7 weitgehend zerstört wurde. Auch die fast vollständig verlorengegangene Institutsbibliothek wurde durch Schuster wieder aufgebaut. 1960 erhielt er eine Dozentur am Orientalische Institut. Am Tag des Baus der Berliner Mauer (13. August 1961) befand sich Schuster außerhalb der DDR und kehrte nicht nach Leipzig zurück.
  • Bis zum Fall der Mauer wurde die Leipziger Altorientalistik durch Herbert Petschow, Joachim Oelsner und Manfred Müller am Leben erhalten, obwohl die Disziplin bis 1989 nicht als eigenständiges Fach vertreten war und keinen Lehrstuhl besaß. Erst 1992 wurde wieder eine Professur für Altorientalistik ausgeschrieben.
  • Zum 1. Oktober 1993 erfolgte die Neugründung des Instituts durch Berufung Claus Wilckes (geb. 1938) aus München auf den wieder eingerichteten Lehrstuhl für Altorientalistik.
  • Zum 1. August 2003 wurde Michael P. Streck aus München als Nachfolger Wilckes berufen.

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